Angekommen - Willkommen?
Zwischen Aufnahme und Abschiebung
- buntES bei Infoveranstaltung in Esslingen Sulzgries-
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Sulzgrieser Gespräche", der evangelischen und katholischen Kirchengemeinde Esslingen Sulzgries, fand am 06. Mai 2015 eine Infoveranstaltung zum Thema Flüchtlinge, in der katholischen Kirchengemeinde St. Katharina, Sulzgries statt. Anfang des nächsten Jahres wird Sulzgries 70 Asylbewerberinnen und Asylbewerber aufnehmen. Wer sind die Flüchtlinge? Wer darf arbeiten? Welche Vorbereitung auf die Fremden brauchen die Einwohner von RSKN? Wie heißt unsere Gesellschaft die Flüchtlinge willkommen? Diese und andere Fragen bewegten die Besucher an diesem Abend. Ungefähr 60 Interessierte füllten das Gemeindehaus St. Katharina. buntES war an der Abendver-anstaltung dabei.
Die drei Referenten des Abends waren Julie Hoffmann vom Flüchtlingssozialdienst der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Esslingen, Brunhilde Burgmann vom Arbeitskreis Asyl Esslingen und Pfarrer Werner Baumgarten, als Beauftragter der Evangelischen Landes-kirche in Württemberg, für Asyl und Migration.
Zahlreiche Fragen des Moderators wurden von den Referenten beantwortet. In einer kurzen Einführung erfolgten Definitionen, Fakten und statistische Daten zur Flüchtlingsthematik. Julie Hoffmann erklärte die Aufgaben der AWO, wie z.B. die Unterstützung im Umgang mit Ämtern und Behörden sowie der Beratung in sozialhilferechtlichen Angelegenheiten. Die AWO ist aber auch Ansprechpartnerin für ehrenamtliche Helferinnen und Helfer. Dazu bildet die AWO u.a. ein Netzwerk mit dem Arbeitskreis Asyl, dessen Sprecherin Brunhilde Burgmann ist. Der Arbeitskreis Asyl übernimmt Aufgaben, die weder die Stadt, noch die AWO übernehmen. Hierzu gehören z.B. die Einzelbegleitung zum Arzt, zum Rechtsanwalt oder zu Behörden. Frau Burgmann schätzt, dass es zur Zeit ca. 120 bis 150 ehrenamtliche Esslinger Helferinnen und Helfer gibt, die in verschiedenen Organisationen oder als Einzelpersonen tätig sind. Als Asylpfarrer und landeskirchlicher Beauftragter im Migrationsdienst in Württemberg, berichtete Herr Baumgarten über seine Aufgaben und Erfahrungen. Er forderte, dass alle Flüchtlinge gleichberechtigt behandelt werden sollten. So plädierte er dafür, dass z.B. Flüchtlinge aus schwarz-afrikanischen Ländern die gleichen Chancen am Arbeitsmarkt haben sollten, wie jene, die aus Syrien kommen.
Im Anschluss an die Veranstaltung gab es an den Tischen die Möglichkeit zu Gesprächen, Diskussionen und Fragestellungen an die Referentinnen und den Referent. An dem Tisch, an dem auch buntES saß, wurde das Thema freiwillige Helferinnen und Helfer im Rahmen der Willkommenskultur sehr eingehend diskutiert. Nicht nur die Bedürfnisse der Flüchtlinge sollten Beachtung finden, sondern auch die Konditionen für die Engagierten. Die Meinung, der am Tisch diskutierenden Teilnehmer, ging dahin, dass sie Supervision und Fortbildungen als Notwendigkeit für ehrenamtlich Tätige ansehen, um deren interkulturelle Kompetenzen zu stärken und ihnen Informationen zu asylrechtlichen Fragen zu vermitteln.
Das Thema Flüchtlinge ist ein sehr komplexes Thema. Die Betroffenen fühlen sich zunächst wegen der Sprachbarriere, psychischer aber auch physischer Belastung oder einer fremden Kultur oft hilflos. Es ist erfreulich, dass freiwillig Engagierte, Flüchtlinge begrüßen und ihnen erste Unter-stützung anbieten.
Zur Zeit ist das Wort Willkommenskultur in aller Munde. Wie funktioniert Willkommenskultur und wie kann sie konkret, durch ehrenamtlich Engagierte, umgesetzt werden? In erster Linie ist es wichtig, dass man den Menschen zuhört und fragt was sie brauchen. Nicht die Helfer bestimmen darüber was wichtig ist, sondern die Bedürfnisse der Flüchtlinge sollen im Vordergrund stehen. Als Fremde sollten sie Zeit haben, sich zunächst in ihrer Umgebung zu orientieren. Informationen sollten transparent sein und ein gegenseitiger Informationsaustausch zwischen Landkreis, Stadt und den Netzwerken der freiwilligen Engagierten ist wichtig. Willkommenskultur ist ein besonderes Thema für buntES - denn buntES beschäftigt sich schon seit längerer Zeit mit diesem Thema. Von dieser Infoveranstaltung gewann buntES mehr Erfahrungen darüber und knüpfte neue Kontakte mit anderen freiwilligen Helferinnen und Helfern. [Adi und Beate]
buntES bei der Silvesterfeier mit den Flüchtlingen in Esslingen-Zell
Silvesterabend am 31.Dezember 2014. Um 19:00 Uhr wurde der katholischen Gemeindesaal im Hangelstein Zell, Esslingen am Neckar langsam von den Gästen gefüllt. Die Tische waren hübsch, geschmückt von Silvesterdekora-tionen. Ein besonderer Tag für die Männer von der Gemeinschaftsunterkunft Esslingen-Zell. Das war ihre erste Erfahrung, den Jahreswechsel in Deutschland zu verbringen. Getrennt von der Familie, in einem fremden Land. Jedoch, waren sie heute Abend nicht alleine. Schon vor dem Eingangstür empfingen ein paar Helferinnen und Helfer die Männer mit warmen und herzlichen Grüßen. Strahlende und lächelnde Gesichter wärmen den Saal; ganz im Gegensatz zu der gefrorenen weißen Silvesternacht draußen.
Die Helferinnen und Helfer von der evangelischen und katholischen Gemeinden organisierten diesen Abend mit vielen Freude, speziell für die Flüchtlinge, die seit einigen Monaten in der Sporthalle Zell wohnen. Die Sporthalle wurde in eine Gemeinschaftsunterkunft für die Flüchtlinge umgewandelt. Insgesamt gibt es 105 Männer zwischen 20 und 50 Jahren aus Syrien, Gambia, Eritrea und Nordirak. Zu dritt verbringen sie ihre Nächten in jeweils 15 Quadratmeter Kabinen aus Grobspanplatten.
Ca. 70 Flüchtlinge waren für den Silvesterabend angemeldet. Rund 20 Helferinnen und Helfer saßen verteilt zwischen den Männern und führten Gespräche. Nicht nur die Männer und die Organisatoren von den beiden Gemeinden in Zell waren dort. Dabei waren auch einige Lehrerinnen und Lehrer von der Friedrich-Ebert-Schule und nicht zuletzt buntES, vertraten von Aniceta und Adi.
Nach einer freundlichen Begrüßung in Englisch und Deutsch vom Gastgeber wurden Essen und Getränke serviert. Ein besonderer Abend bedeutet auch ein besonderes Essen. Einige Flüchtlinge bereiteten ein köstliches Gericht unter der Regie eines Chefkochs vor. Reis mit Fleisch und gebratenen Cashewnüssen war das Highlight des Abends. Ein himmlisches Stern-Essen vom Chefkoch und seinem Team! Leider musste der Chefkoch die Stelle in einem Sterne-Hotel in seinem Heimatland wegen des Krieges aufgeben und fliehen.
Während des Essens tauschten die Anwesenden ihre Erfahrungen aus. Drei Sprachen dominierten den Abend: Deutsch, Englisch, Arabisch. Eine bunte Mischung in einer netten und lockeren Atmosphäre. Durch die Gespräche erfuhr buntES, dass das viele ausgebildete Leute sind. Neben Ärzten gibt es Lehrer für unterschiedliche Fächer; vom Physiklehrer bis zum Lehrer für arabische Sprache. Viele Studenten mussten ihr Studium in ihren Heimat-ländern abbrechen. Einige erzählten buntES, welche Erfahrungen sie durchgemacht hatten, bevor sie nach Deutschland kamen. Ehefrau, Kinder und Freunde zurücklassen, Karriere aufgeben und Ankunft in Deutschland nur mit der Kleidung am Körper waren einige von viele traurigen und berührenden Geschichten, die einige Flüchtlinge buntES mitteilten.
Jedoch, an dem Abend konnten die Flüchtlinge ihre Sorge und Kummer ein bisschen vergessen. Nach dem leckeren Essen gab es Programme. Musik und Tanz gehörte ebenfalls zu diesem feierlichen Moment. Einige Männer tantzten Seite an Seite, Arm in Arm einen syrischen Tanz. Viel Lachen, viel Freude. Herrlich! Der klassische Film Dinner for One durfte ebenfalls in der Silvesternacht nicht fehlen und wurde gezeigt.
23:45 Uhr: Die Gäste verließen den Gemeindesaal und gingen zusammen auf den Hügel nahe dem Gemeindesaal, um das Feuerwerk anzusehen. Bitter kalt draußen. Schnee lag noch überall. Viele Männer sind das europäische Winter nicht gewohnt. Trotzdem wurden sie von der Kälte nicht gestört und behielten ihre gute Stimmung. 00:00 Uhr: Tschüss 2014! Herzlich Willkommen 2015! Händedrücke, Umarmungen und gute Wünsche stimmten auf das neue Jahr ein. Der Himmel wurde vom bunten Feuerwerk geschmückt. Ein besonderer Augenblick, den buntES miterleben durfte.
Der Abend war sehr schön für buntES, denn buntES lernte viele neue und nette Flüchtlinge kennen. Sie zeigten Interesse an buntES und wollten gerne zum monatlichen buntES-Treffen vorbeikommen, aber auch zu den Veranstaltungsabenden von der Willkommen Welt; ein Kooperationsprojekt zwischen der vhs, den SWE und buntES.
Was kann buntES für die Flüchtlinge machen? Zumindest einen freundlichen Empfang beim monatlichen buntES-Treffen am ersten Dienstag, den buntES sowieso vom Herzen bereits hat. Vielleicht auch mehr als das...? Alles Gute im Jahr 2015! [Adi]
Anmerkung:
Viele Dinge für die Männer in der Gemeinschaftsunterkunft Esslingen-Zell werden noch benötigt; sowohl Sachen, z.B. warme Kleidung und Schuhe, als auch Helferinnen und Helfer für unterschiedliche Aktivitäten. Bis jetzt werden einige Aktivitäten ehrenamtlich veranstaltet, wie Deutschkurse, wöchentliches Kultur-Café und zweiwöchentliche Filmabende. Da das Leben von den Flüchtlingen nur aus Warten besteht, ist Abwechslung eine wichtige Sache für sie. Mehr Information über den aktuellen Bedarf und Mithelfer siehe http://www.zell-am-neckar.de/zell-hilft/.